Kooperative Gesamtschule Kirchberg: Ausonius-Gymnasium und Ausonius-Realschule plus


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10.12.2018

Hunsrücker Autor erzählt von KZ-Überlebenden

Reiner Engelmann liest zum Vorlesetag an KGS - Große Anteilnahme in der Schülerschaft

Jedes Jahr findet traditionell im November der bundesweite Vorlesetag statt. Im Rahmen der  schulinternen "Woche des Vorlesens" konnte die Schulgemeinschaft der Kooperativen Gesamtschule Kirchberg (KGS) in diesem Jahr erstmals den Sachbuchautor Reiner Engelmann aus Völkenroth zu einer Lesung begrüßen. Mit dabei hatte er sein Werk "Wir haben das KZ überlebt", in dem er Zeitzeugen über ihre Erlebnisse im Holocaust zu Wort kommen lässt.

"Man soll und darf die Vergangenheit nicht auf sich beruhen lassen, weil sie sonst [...] zu neuer Gegenwärtigkeit werden könnte", zitiert Autor Reiner Engelmann den österreichischen Schriftsteller Jean Améry in seinem Sachbuch, in dem er die Lebensgeschichten von zehn Holocaust-Überlebenden sehr eindrucksvoll darstellt. 

Im Rahmen der "Woche des Vorlesens" an der KGS Kirchberg stellte der Hunsrücker Autor sein Werk nun den Neunt- und Zehntklässlern vor, die die Zeit des Holocaust und des Nationalsozialismus bereits im Geschichtsunterricht aufgearbeitet hatten. "Für die Schülerinnen und Schüler ist es meiner Erfahrung nach immer sehr eindrucksvoll, wenn sie das oftmals recht theoretische Wissen aus dem Geschichtsunterricht anhand von Zeitzeugenberichten an konkreten Beispielen vor Augen geführt bekommen", sagte Deutsch- und Geschichtslehrerin Birgitta Braun, Organisatorin der Lesung.

Eindrucksvoll und sehr emotional war auch die Atmosphäre in der Aula, als die mehr als 200 Schülerinnen und Schüler gebannt den Worten des Autors lauschten. Dieser schilderte zum Beispiel sehr einprägsam den Lebensweg des Polen Edward Paczkowski, der als Jugendlicher in die Fänge der Gestapo geriet und einen langen Leidensweg erdulden musste. Dieser hätte sein Ende bereits nach wenigen Monaten finden können,  denn recht kurz nach seiner Gefangennahme hat sich der heute 88-Jährige einem Erschießungskommando gegenüber gesehen. In letzter Sekunde sei der  Befehl, nicht zu schießen, gegeben worden, da sich unter der Gruppe  der Hinzurichtenden der Sohn eines deutschen Wehrmachtsoldaten befunden habe. Danach hatte für Paczkowski eine Zeit als Namenloser begonnen, denn in Auschwitz sei er lediglich eine Nummer gewesen. Nach knapp drei Jahren war der lang ersehnte Tag der Befreiung im April 1945 gekommen. Doch der Weg zurück in ein normales Leben war dem damals jungen Mann weiter nicht vergönnt: Sein Wunsch, nach Polen zurückzukehren, habe ihm einen dreijährigen Gefängnisaufenthalt in Breslau beschert, da er als Spion angesehen wurde, der sich seine Ausschwitz-Nummer selbst eintätowiert habe. 

Sehr eindringlich erzählte Reiner Engelmann die Geschichte des jungen Polen und anderer KZ-Überlebender und fesselte dabei die Schülerinnen und Schüler, denen durch die einprägsamen Schilderungen erneut aufgezeigt wurde, dass ihr Selbstverständnis von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit nicht zu jeder Zeit und in jeder Generation gegeben war. 

Viele der Schülerinnen und Schüler stellten sich während des Vortrags die Frage, wie die Überlebenden nach all den schrecklichen Ereignissen, die ihnen widerfahren sind, überhaupt noch mit Deutschen sprechen können und wollen. Reiner Engelmann, der sich sehr für die Aufklärung und die Aufarbeitung der deutschen Vergangenheit stark macht, und regelmäßig auch Exkursionen in ehemalige Konzentrationslager anbietet, griff solche Rückfragen gerne auf und erklärte, dass keinerlei kollektive Schuldzuweisung seitens der Opfer vorgenommen werde. "Vielmehr gefällt den Zeitzeugen unser Interesse an ihrer Geschichte und ihrem Schicksal", sagte Engelmann. "Die meisten von ihnen sind allerdings altersbedingt nicht mehr in der Lage, ihre Geschichten selbst zu erzählen", so der ehemalige Lehrer. Mit seinen Büchern sorgt er dafür, dass die Zeitzeugen und ihre Berichte nicht in Vergessenheit geraten.

Die Schülerinnen und Schüler der Kooperativen Gesamtschule zeigten sich beeindruckt von der Veranstaltung. "Herr Engelmann hat die Erlebnisse der Überlebenden sehr realitätsnah, verständlich und anschaulich erzählt", verriet Neuntklässler Tommy in seiner Rückmeldung. Auch Organisatorin Birgitta Braun zeigte sich sehr zufrieden mit dem Verlauf der Veranstaltung: "Nicht zuletzt dank Herrn Engelmanns Arbeit können die Erinnerungen an jene Zeit auch in den Schulen lebendig und wachgehalten werden und eine Mahnung für die Zukunft sein", so die Pädagogin. 

Reiner Engelmanns Sachbuch "Wir haben das KZ überlebt. Zeitzeugen berichten" ist für Erwachsene und Jugendliche ab zwölf Jahren geeignet und für 16,99 Euro im Handel erhältlich.